AUDI A6 Lederinnenausstattung – Pflegetagebuch

  • Vor knapp 2 Wochen absolvierte ich einen 3-tägigen Basic Workshop für Lederpflege und Lederaufbereitung bei der Firma Ledermax.
    Um das komprimierte Wissen zu konservieren, begab ich mich auf die Suche nach einer günstigen Lederausstattung um die ersten Praxiserfahrungen etwas zu vertiefen.


    Mit etwas Glück konnte ich kostenlos Ledersitze inkl. Rückbank eines Audi A6 Bj. 2000 in der Farbe beige ergattern.


    Somit genügend Material vorhanden um sich über den Winter daran auszutoben.


    Um die zukünftigen Erfahrungen festzuhalten, eröffne ich ein Pflegetagebuch.



    Was ist geplant:


    Zu Beginn möchte ich verschiedene vorhandene Lederreiniger testen. Gibt genug davon und man sollte immer etwas über den Tellerrand blicken.


    Anschließend Entfernung der Zurichtung (Topcoat/Basecoat/Rasterfarbe) durch Trockenschliff, zwecks Untergrundvorbereitung.


    Beseitigung/Reparatur von Rissen, arbeiten mit Flüssigleder, sowie kontrollierte Schrumpfung (Minimierung von Lederfalten).


    Durchführung von verschiedenen Auftragstechniken zum Neuaufbau der Zurichtung.


    Farbanpassungen, Farbeinstellungen, Mischen von Farbpigmenten.
    Hier erhielten wir nur einen kleinen Einblick. Diesen Bereich deckt der Advanced Workshop ab, welcher für das nächste Jahr am Terminplan steht.


    Weiters möchte ich mich ein wenig mit der Lederkosmetik auseinandersetzten.
    Was bringt es leicht beanspruchte Oberflächen zu kaschieren und ihnen für eine gewisse Zeit einen neuwertigeren Look zu verpassen?
    Wie lange kann man diesen Look erhalten und wann erspart es eine Restaurierung?


    Primär werden Produkte der Fa. Ledermax aus der Amateur- und Profilinie verwendet, da ich im Zuge des Workshops eine relativ umfangreiche Produktschulung erhielt und diese im Laufe des Winters vertiefen möchte.


    Als Abschluss im ersten Beitrag ein paar Bilder einzelner Schritte vom Workshop.


    Versuchsobjekt ein beiger Ledersitz eines Audi A8:



    Nach der Reinigung wurde geschliffen und gespachtelt:



    Aktivierung von thermoaktivem Flüssigleder:




    Kontrollierte Lederschrumpfung:


    Auftragstechnik Schwamm:



    Auftragstechnik Pinsel:


    Auftragstechnik Lackierpistole:



    Endergebnis nach Basecoat (3-4 Schichten) und Topcoat (2-3 Schichten :(



    In Summe waren es etwa 25 Stunden in denen wir uns intensiv mit Theorie und Praxis auseinandersetzten.


    Ab nun gilt es das komprimierte Wissen in die Tat umzusetzen und in den nächsten Monaten ohne fremde Hilfe an der vorhandenen A6 Lederinnenausstattung zu üben.


    Wie schon geschrieben werde ich vorerst ein wenig Lederreiniger testen.
    Diverse Werkzeuge und Utensilien sind noch im Zulauf, damit ich richtig loslegen kann.
    Außerdem hat mein Konto den Monat Oktober für beendet erklärt, sonst gibt es Toastbrot und Ketchup für die nächsten 10 Tage....

  • Vielen Dank, dass du dir die Mühe machst deine Schritte zu dokumentieren und uns daran teilhaben lässt.


    Weiters möchte ich mich ein wenig mit der Lederkosmetik auseinandersetzten.

    Was bringt es leicht beanspruchte Oberflächen zu kaschieren und ihnenfür eine gewisse Zeit einen neuwertigeren Look zu verpassen?

    Wie lange kann man diesen Look erhalten und wann erspart es eine Restaurierung?


    Mich würde interessieren wie du die tägliche Nutzung darstellen willst?

  • Mich würde interessieren wie du die tägliche Nutzung darstellen willst?

    um es praxisnah durchzuführen wird es schwierig bzw. noch nicht wirklich einen Plan :rolleyes:
    Man könnte mit Nylonstrümpfen versuchen die Oberfläche mehrmals abzureiben um zu sehen, wie schnell die Kaschierung nachlässt. Das muss ich erst testen und etwas überlegen.


    Es ist möglich den Conditioner mit bis zu 2% Pigmenten einzufärben. Funktioniert z.B. bei schwarz, braun oder beige (grelle leuchtende Farben wie grün, gelb oder blau gehen nicht).
    Der Conditioner färbt nicht ab auf Kleidung und ist somit safe.


    Mich interessiert wie akzeptabel diese Kaschierungen sind.
    Die Entfernung des Conditioner ist mit einem Lederreiniger ganz einfach und erfolgt in einem Schritt mit der Reinigung. Dann könnte man wieder nachlegen und so einen auf den ersten Blick optischen/sauberen Eindruck erzeugen.


    Angeblich hält es 3 bis 4 Monate auf einem Fahrersitz eines täglich genutzten Fahrzeuges.
    Ich möchte es einfach bei der angekauften Innenausstattung vergleichen.
    Der Look/Unterschied zwischen Pflege mit und ohne Pigmente (speziell abgestimmt auf die entsprechende Lederfarbe).

  • einfach ein Bauteil von beige nach schwarz färben

    einfach färben geht nicht, aber ich kann einen Bauteil abschleifen und die Zurichtung komplett neu aufbauen mit Topcoat und Basecoat. Das ist möglich und werde ich vielleicht auf einem Seitenteil durchführen.
    Die Sitze werden sowieso nicht verkauft und von daher "just wörscht" :)

  • werde den Advanced direkt in Headquarter in Österreich (Steiermark) besuchen. Termin steht noch nicht fest.
    Ich nehme an du machst ihn bei Benedikt.
    Kannst dich auf jeden Fall auf den Basic freuen. Macht wirklich Spaß :thumbup:
    Schick mir mal PN damit wir eventuell per WA in Kontakt treten können.
    Spätestens nach dem Basic sind wir sowieso in der LMX Gruppe, um uns untereinander mit Erfahrungen auszutauschen ;)

  • Update mit viieeeel Text :D


    In kleinen Schritten geht es vorwärts. Vorerst einmal ein wenig intensiver mit der Lederreinigung auseinandergesetzt.


    Bevor ich damit loslege, möchte ich ein paar Basics zum Autoleder erklären, damit jeder versteht, was wir da eigentlich reinigen und welche Möglichkeiten es dafür gibt.


    Bitte steinigt mich nicht, wenn der eine oder andere Ausdruck nicht ganz korrekt ist. Versuche mit meinen bescheidenen Kenntnissen es relativ einfach und verständlich zu halten.




    Hier ein Beispielbild vom Aufbau eines klassischen Fahrzeugleders im Querschnitt:


    Als Crust bezeichnet man das reine Leder, welches nach der Gerbung (verschiedenste chemische Prozesse) getrocknet und für die Zurichtung vorbereitet ist.


    Die Zurichtung ist die deckende Farbschicht, welche das Leder strapazierfähiger, fleckenunempfindlicher und wasserabweisend macht.
    Weiters kann sie dazu dienen, dem Leder eine Prägung zu verleihen oder gewisse Fehlstellen im Crust zu überdecken.
    Der Aufbau ist ähnlich dem Fahrzeuglack. Er kann aus 1 bis zu 3 Schichten bestehen.
    Im oberen Bild spricht man von einer gedeckten Zurichtung (3 Schichten). Es gibt noch eine Anilin- (1-Schicht) und Semi-Anilin- (2 Schichten) Zurichtung.



    Je nach Anforderungen ( zB. OEM Vorgaben) kann sowohl das Topcoat, als auch das Basecoat in mehreren Schichten aufgetragen werden..
    Beim Basecoat in der Regel für eine gleichmäßige Farbdeckung.
    Beim Topcoat zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Oberfläche gegen Reibung oder UV-Einstrahlung.
    Die Schichtdicke einer klassisch gedeckten Zurichtung beträgt in etwa 200mü


    So, nach diesem Kenntnisstand können wir jetzt klugscheißen :D
    Eigentlich ist der Ausdruck „Lederreinigung“ falsch, da wir nicht das Leder sondern die Zurichtung reinigen.
    Wenn wir ein Fahrzeug waschen oder polieren, reinigen wir ja auch nicht das Blech, sondern den Lack.
    Klugscheissmodus off.



    Für die Reinigung interessiert uns somit vorrangig die oberste Schicht.


    In den meisten Fällen also das Topcoat.
    Dieser oberste Teil der Zurichtung besitzt die höchste Beständigkeit gegen Feuchtigkeit, Fette, Öle und Lösemittel.
    Je nach Hersteller/Anforderungen/Qualität wird das Topcoat in 1 bis 3 Schichten über das Basecoat lackiert. Je mehr Schichten, desto höher die Widerstandsfähigkeit. Besonders die Abriebwerte, werden dadurch erhöht.
    In der Regel befinden sich im Topcoat keine Farbpigmente. Zumindest die letzte Schicht sollte farblos lackiert sein.



    Bei der Reinigung sollte man daher versuchen, dieses nicht zu beschädigen.
    Also immer mit einem milden Reiniger beginnen. Zu etwas Stärkerem kann man immer noch greifen.


    Hier kann man sich an den PH-Wert orientieren.
    Das Leder selbst besitzt auf Grund der Gerbung im Durchschnitt einen PH-Wert von 4,5.
    Die Zurichtung eine PH-Resistenz von etwa 8,5.
    In manchen Fällen sogar nur 8,2.
    Gibt Lederausstattungen mit einer etwas höheren PH-Resistenz wie z.B. bei bei manchen hochwertigen Individualausstattungen (eher Ausnahme als die Regel).


    Verwendet man Reiniger mit hohem PH-Wert, kann es zu einer Überschreitung der Hydrolyse-Grenze kommen.


    Wie erkenne ich wenn die Hydrolyse einsetzt?
    Bei minimalen Überschreitungen schwierig mit dem Auge wahrzunehmen.
    In der 1. Stufe entsteht ein Mattierungseffekt. Erkennbar, wenn die Farbe unmittelbar nach der Reinigung sehr matt wirkt. Nach einer gewissen Zeit kann sich dieser Effekt reduzieren.
    In der 2. Stufe fühlt sich die Oberfläche klebrig an. Die oberste Schicht des Topcoats ist folglich schwer angegriffen.
    Befinden sich Farbrückstände im Reinigungstuch, ist man bereits zum Basecoat vorgedrungen.


    Besonders wichtig bei Anwendung von alkalischen Reinigern (ab PH 8.0) ist die Neutralisierung. Unmittelbar nach der Reinigung gründlich mit einem nebelfeuchten Tuch (dest. Wasser) nachwischen. Nur Teilbereiche (von Naht zu Naht) reinigen und anschließend neutralisieren.



    Ich habe mir davon eine kleine persönliche Faustregel abgeleitet:
    Mit einem Reiniger zwischen von 5 und 8.0 ist man relativ safe.
    Erst wenn diese nicht zum gewünschten Erfolg führen, wird die Verwendung von höheren PH-Werten in Betracht gezogen.


    Welches Zubehör für die Reinigung?
    Die schonendsten Utensilien wären z.B. ein grobporiger Schwamm oder ein weicher Pinsel. Eine spezielle Lederbürste eignet sich ebenfalls dafür.
    Ich möchte diesbezüglich keine Diskussionen auslösen. Hirn und Verstand einsetzen und nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.
    Versucht es einmal mit einem Schwamm. Ist eines der sanftesten Methoden und sehr effektiv. Nehmt einen kleinen Kübel lauwarmes Wasser zur Hilfe. Schwamm darin befeuchten und gut auswringen. Reinigungsmittel auf den Schwamm applizieren und paarmal zusammendrücken. Die meisten Reiniger beginnen zu schäumen und entfalten dadurch eine effektivere Reinigungsleistung.


    Für die Schmutzabnahme eignen sich am besten Baumwolltücher. Alte (unbedruckte) T-Shirts oder Bettlaken aus Baumwolle zurechtschneiden, wäre die beste und günstigste Alternative.
    Weiche oder plüschige MFT’s kann man ebenfalls verwenden.
    Testet es einfach mit der trockenen Handfläche, indem ihr über die Fasern streicht. Empfindet man eine Widerspenstigkeit (Fasern bleiben an der Haut hängen oder fühlen sich hart an), nehmt Abstand davon. Das Topcoat könnte durch die mechanische Einwirkung beschädigt werden (Mikrorisse).


    So, genug mit Text und Basics. Ich hoffe ihr habt bis hierhin durchgehalten.


    Abschließend eine Auflistung von einigen bekannten Produkten mit den jeweiligen PH-Werten


    LMX Cleaner 1.0: PH 6,9-7,1
    LMX Cleaner 1.1: PH 7,6-8,0
    LMX Cleaner 1.2: PH 10-12
    Colourlock mild: PH 4,5-5,5
    Colourlock stark: PH 9-9,5
    SCG Dash Away: PH 10,3
    Coralux Lederreiniger Aktiv Plus: PH 10
    Sonax Profiline Leder Cleaner: PH 9,5-10


    Angeführte PH-Werte stammen von den MSDS bzw. nach Anfrage direkt vom Hersteller.


    Weiter geht’s im nächsten Post mit ersten Tests und Vergleichen.

  • Als erstes Testobjekt ein Beifahrersitz eines Audi A6 (C5) Baujahr 2000
    Farbbezeichnung: 47QK Perlnappa Vanille Soft


    Ausgangszustand und Vorbereitung für 3 Teilbereiche:


    Die Reinigung erfolgte per Schwamm und ca. 60 Sekunden pro Teilbereich.
    Von links nach rechts mit den Reinigern LMX 1.2 , Surf City Garage Dash Away und LMX1.1


    Ergebnis:


    Überraschend für mich, dass der PH neutrale Reiniger 1.1 von Ledermax eine außerordentlich gute Reinigungsleistung erzielte. Als einziges Produkt schäumte er fast gar nicht. Nach meinem Empfinden war das Ergebnis besser als mit Dash Away. Der LMX 1.2 wirkte noch etwas besser und schneller. Er benötigt zwar ein paar Gedenksekunden bis er wirkt, aber dann geht die Post ab. Bei Dash Away fiel mir auf, dass er in den Ecken und entlang des oberen Klebebandes nicht gut genug reinigte. Deshalb in diesem Bereich noch einen Durchgang gemacht. Am Foto also bereits 2 Durchgänge Dash Away in der Mitte.


    Hier nochmal ein Bild etwas näher ran. Schaut euch besonders den oberen Bereich entlang des Klebebandes an:


    Nächster Teilbereich ein Vergleich zwischen LMX 1.1 und dem Coralux Lederreiniger Aktiv Plus:


    Bewusst die optisch eher schmutzigere Seite für den 1.1 aufgehoben. Mal sehen wie der relativ PH-Neutrale LMX 1.1 (7,6-8,0) gegenüber dem alkalisch eingestellten Coralux (10) klarkommt.
    Anwendung abermals per Schwamm ca. 60 Sekunden pro Teilbereich.


    Ergebnis:


    Für mich wirkte die linke Seite mit 1.1 sauberer.
    Ich führte noch einen Durchgang auf der rechten Seite durch. Diesmal mit dem 1.1


    Ergebnis (links einmal 1.1 und rechts einmal Coralux gefolgt von einmal 1.1):


    Am ersten Blick eine Restverschmutzung im und nicht am Topcaoat.
    Gehen wir noch einen Schritt weiter auf der rechten Seite.
    Es folgte ein Durchgang mit dem starken und alkalischen LMX Reiniger 1.2.


    Am Bild sieht man schön wie er schäumt:


    Ergebnis nach Reinigung und Neutralisierung per dest. Wasser und Tuch:


    Die Fehlstellen werden größer. Also offensichtlich das Topcoat beschädigt.
    Aus Neugier noch eine Runde mit LMX 1.2 und Colourlock Bürste.
    Anwendungsdauer halbiert (30 Sekunden) und mit wenig Druck (geschätzt 1-2kg).


    Ergebnis:
    Jetzt ist die letzte Verschmutzung und auch das Topcoat Geschichte.


    Als Abschluss noch ein Übersichtsbild von allen 5 Teilbereichen ohne Klebebänder:


    Den glänzenden Bereich bitte weniger Beachtung schenken. Ist die Lichtquelle.



    Weiter geht’s im nächsten Post.